Perspektivwechsel
Das Neue leuchtet auf
Roswitha Schneider
Gründungsvorsitzende des Berufsverbandes der Synergetik Profilerinnen und Profiler des BVSPro
Wenn wir von synergetischer Prozessarbeit sprechen, meinen wir damit ein Verfahren, das es uns erlaubt, Selbsterfahrung auf höchstem Niveau zu erleben, weil wir in die größtmögliche Tiefe unseres eigenen Daseins vordringen. Da „Selbsterfahrung“ keineswegs ein neuer, sondern vielmehr ein mittlerweile äußerst gebräuchlicher, in zahlreichen Kontexten angewandter und mithin sehr dehnbarer Begriff ist, möchten wir im folgenden versuchen, ihm ein wenig deutlichere Konturen zu verleihen. Wovon sprechen wir eigentlich? Was genau ist dieses „Selbst“ und welche Art von Erfahrung machen wir?
Um uns der Antwort auf diese Fragen zu nähern, greifen wir auf die uns bislang als tiefgreifendste bekannte Definition des Selbst zurück, die von Carl Gustav Jung im Rahmen seiner Analytischen Psychologie entwickelt wurde. Danach stoßen wir auf die folgenden Kriterien:
Das SELBST
- umfasst die Ganzheit des menschlichen Organismus und strukturiert und organisiert alle Entwicklungsprozesse körperlicher und psychischer Art
- umfasst das Bewusste und das Unbewusste, das Körperliche und das Psychische, das Innere und das Äußere enthält das allgemein menschliche archetypische ebenso wie alles individuelle Potential
- umfasst nicht nur personale, sondern gleichermaßen kollektive und
transpersonale Aspekte - steht in einer untrennbaren Beziehung zu seiner Mit- und Umwelt, ist aber gleichzeitig eine sich selbstregulierende Einheit (das von Jung aufgefundene Prinzip der Selbstregulation ist vergleichbar mit dem Prinzip der Selbstorganisation in der Synergetik)
- ist die Ganzheit aller Paradoxien und Polaritäten und gleichzeitig die Synthese aus Vergangenem, Gegenwärtigem und zukünftigen Entwickklungsmöglichkeiten
- ist gleichermaßen Zentrum wie Umfang der Persönlichkeit, es ist Ursprung und Ziel, es ist ein fortwährend sich wandelnder Prozess
In Abgrenzung dazu ist das Ich (Ego) nur der relativ „kleine“, bewusste Aspekt des SELBST, „der Blick auf die Welt“, mit dem das SELBST sich orientieren und reflektieren kann. In der Regel ist der Mensch mit diesen, dem Ich-Bewusstein zugänglichen Aspekten identifiziert, da das große Potential des Unbewussten unzugänglich bleibt.
Mit der hier eingeführten Schreibweise SELBST möchten wir gleich zu Beginn den gravierenden und ausschlaggebenden Unterschied der synergetischen Prozessarbeit im Verhältnis zu anderen Methoden deutlich machen. Die nicht-differenzierte Nutzung der Begriffe „Ich“ und „Selbst“ hat zu einer inflationären Anwendung des Terminus „Selbsterfahrung“ geführt. Es gilt nun klarzustellen, dass sich hinter diesem umgangssprachlich akzeptierten Begriff häufig eine „Ich-Erfahrung“ verbirgt. Diese beinhaltet eine Auseinandersetzung mit unseren Ego-Anteilen und führt demzufolge auch nur zu einer Stärkung oder Ausdifferenzierung un-seres „Ich- Wertgefühles“ (anstelle von “Selbst- Wertgefühl“).
Unter Bezugnahme auf die oben vorangestellte Definition möchten wir nun deutlich machen, dass sich die synergetische Prozessarbeit keineswegs auf diesen Bereich reduzieren lässt, sondern sich vielmehr auf einem ganz anderen Terrain bewegt. Wir wollen den Versuch unternehmen, dieses Feld nun genauer zu definieren.
Das SELBST in seiner ungeheuren Vielfältigkeit zu erleben, die unzähligen Facetten an Erscheinungsformen kennenzulernen, eigenem Potential und Ressourcen zu begegnen und all dies letztlich mit allen Sinnen wahr-zu-nehmen, das ist Anliegen der SELBST-Erfahrung in der synergetischen Prozess- arbeit.Insoweit können wir sagen, dass die INNENWELT, von der in der Synergetik die Rede ist, genau diesen Komplex des SELBST bezeichnet.Diese SELBST-Erfahrung schließt einen Eintritt in die Auseinandersetzung, in die Kommunikation mit diesem ganzen Potential ein, denn nur auf diesem Weg kann es gelingen, bislang unbewusst wirkende Anteile als unsere eigenen zu identifizieren, wahrzunehmen und sie letztlich wieder anzunehmen. Wir gehen den Weg von der Kommunikation hin zur Kommunion, um damit unserer eigenen Ganzheit näherzukommen.
Wenn wir uns in die INNENWELT begeben und in den Komplex unseres SELBST eintauchen, erleben wir einen Perspektivwechsel, der uns zu einer neuen Sicht der Dinge, zu einer Neubewertung gelangen lässt. Allein dadurch, dass wir uns in einen bis dato unbekannten Kontext stellen, leuchtet das Neue, die andere Qualität bereits auf.Die Erfahrung, dass die INNENWELT real ist, weil wir sie erleben, wahrnehmen, spüren und mit dem inneren Auge sehen können, zeigt uns eine neue Wirklichkeit auf, eine Welt, die wirkt und bewirkt. Es handelt sich bei diesem Erleben also nicht um eine einfache Widerspiegelung, sondern vielmehr um eine konkrete Realwerdung.Mit dem Selbstorganisationsprozess vollendet sich der Perspektivwechsel durch eine Neuordnung: Immer schon vorhandenes und in diesem Sinne altes Material fügt sich zu einer neuen, höheren Ordnung zusammen und impliziert damit eine neue, erweiterte Sichtweise. Sukzessive wird der Blicke auf das Ganze (die Ganzheit des SELBST), der Blick auf Zusammenhänge und Interdependenzen deutlich.
Doch um das Neue für uns zu erschliessen, um es für uns praktisch werden zu lassen, muß das Alte erlöst werden. Wir wollen dies zum besseren Verständnis an einem kleinen Beispiel deutlich machen. Stellen wir uns vor, in unserer INNENWELT taucht eine Situation auf, in der unsere Mutter eine wichtige Rolle spielt.
Wir können jetzt sehen, dass unsere Mutter nicht nur als die reale Person, die wir kennen, existiert, sondern sie existiert darüber hinaus in unserer INNENWELT, in unserem SELBST als ein Bild oder Konzept mit bestimmten Qualitäten und Eigenschaften. Indem wir wahrnehmen, dass das innere Bild oder Konzept unserer Mutter nichts anderes als einen Teil unserer Gesamtpersönlichkeit repräsentiert, verstehen wir auch, dass es eben dieser Teil ist, der unser Verhalten im alltäglichen Geschehen mitprägt, mitkontrolliert und mitsteuert.
Bislang haben wir diesen Einfluss unserer realen Mutter zugeschrieben, weil sie die Projektionsfläche für unser inneres Bild im Außen verkörpert. (Wir sprechen hier nicht von den ersten Jahren als Säugling und Kleinkind, denn in dieser Phase liefert uns die Muter das Material für den Aufbau unseres inneren Anteils „Mutter“, der zudem so-wohl durch das archetypische als auch das kollektive Konzept “Mutter” unterlegt ist. Diese Entwicklung ist ein ge-sonderter, sehr zentraler Gesichts- punkt, der hier zunächst nicht behandelt werden kann, auf den wir aber in einer späteren Ausgabe eingehen werden).
Stellen wir uns weiter vor, das Bild der Mutter in uns selbst zeichnet sich durch Qualitäten wie Lieblosigkeit und Kälte aus. Wir werden nun die Auseinandersetzung mit diesem inneren Teil aufnehmen, ihn konfrontieren, befragen oder Anweisungen erteilen. Was auch immer wir tun, das zentrale Moment liegt in der Kontaktaufnahme, in der unmittelbaren Begegnung, d.h. in der Rückkoppelung. Wir bereits an anderer Stelle erläutert, wird auf diesem Weg ein Selbstorganisationsprozeß ausgelöst, der erstaunliche und spürbare Veränderungen mit sich bringt.
Es zeigt sich uns jetzt ein verändertes, ein völlige neues Bild der Mutter. Sie wird liebevoll auf uns zugehen und uns in die Arme schließen (selbstverständlich hat dieses Beispiel reinen Modellcharakter, denn die Bilder der INNENWELT sind weitaus prägnanter und komplexer, als es hier in Form von Worten zu vermitteln ist).Der hier geschilderte Vorgang macht jedoch auf der bildhaften Ebene deutlich, dass sich ein Perspektivwechsel ergeben hat.Es ist jetzt möglich, die liebevolle und warme Qualität des inneren Bildes „Mutter“ wahrzunehmen. Wir realisieren, dass das „Konzept Mutter“ weitaus facettenreicher und komplexer ist, als sich auf einzelne Eigenschaften festlegen zu lassen. In dem genannten Beispiel ist es mit anderen Worten gelungen, über den Selbstorganisationsprozess eine weitere, zusätzliche Qualität der inneren Mutter zur Real-
werdung zu bringen.
Das alte Bild hat einen Teil seiner bisherigen, offenkundig schädigenden Wirkkraft eingebüßt, indem es durch zusätzliche Qualitäten, mit denen es eine neue, höherwertige Verbindung eingegangen ist, erweitert und bereichert wird.So kann sich jetzt eine andere und positive, weil höherwertige Wirkung entfalten. Wir haben an dieser Stelle eine andere Wirklichkeit wahr- und zu uns genommen, d.h. wir haben die zusätzlichen, bislang nicht wahrgenommenen oder abgelehnten Qualitäten der Mutter integriert.
Mit jeder neuen Wahrnehmung vollzieht sich eine Erweiterung bzw. Bereicherung des Bisherigen, die wiederum die Voraussetzung schafft für eine zusätzliche Erweiterung.In diesem Sinne können wir sagen, dass die synergetische Prozessarbeit eine Methode ist, die durch die SELBST-Erfahrung zu einer erweiterten Wahrnehmung unserer eigenen inneren Realität führt und über das Prinzip der Selbstorganisation die Möglichkeit der Re-Integration von bislang unbewusst wirkendem, abgespaltenem oder auch autonom agierendem Material eröffnet.In diesem Licht zeigt sich die synergetische Prozessarbeit als ein Integrationsverfahren, das uns den Schritt von der Dualität (entweder/oder) hin zu einer Vereinigung der Polarität (sowohl/als auch) ermöglicht. Die duale Sicht lautet: „Was gut ist, kann nicht böse sein und was hell ist, kann nicht dunkel sein“.
Durch einen Perspektivwechsel erfahren wir nun, dass diese polaren Qualitäten sich gegenseitig bedingen, dass sie existentiell aufeinander angewiesen sind, denn es kann kein gut ohne böse und kein hell ohne dunkel geben. Durch die Arbeit mit dem SELBST, durch die Arbeit in der INNENWELT machen wir nun die Erfahrung, dass all diese polaren Qualitäten in uns selbst existieren. Sie warten darauf, angenommen, akzeptiert und genutzt zu werden, weil dies die einzige Möglichkeit ist, um die Ganzheit unseres SELBST wieder zurückzugewinnen.
Wir wollen an dieser Stelle noch einmal auf Carl Gustav Jung und seine Definition des Individuationsprozesses zurückgreifen: „Individuation bedeutet: zum Einzelwesen werden, und, insofern wir unter Individualität unsere innerste, letzte und unvergleichbare Einzigartigkeit verstehen, zum eigenen Selbst werden“ (C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 7, § 266 f).
Hier schließt sich nun der Bogen zu unserem eingangs unternommenen Versuch einer unmissverständlichen Abgrenzung der Begriffe von „Ich“ und „Selbst“. Die Ich-Entwicklung hat große Bedeutung für den Prozess einer nachhaltigen Integration, aber sie steht nicht im Vordergrund, sondern es geht um die Realisierung der Ganzheit des SELBST.
Demzufolge warnt Jung in seinen weiteren Ausführungen explizit vor einer Verwechslung : „Ich sehe aber immer wieder, dass der Individuationsprozess mit der Bewusstwerdung des Ich verwechselt und damit das Ich mit dem Selbst identifiziert wird, woraus natürlich eine heillose Begriffsverwirrung entsteht. Denn damit wird die Individuation zum bloßen Egozentrismus und Autoerotismus. Das Selbst aber begreift unendlich viel mehr in sich als bloß ein Ich: es ist ebenso der oder die anderen wie das Ich. Individuation schließt die Welt nicht aus, sondern ein“ (C.G. Jung, Gesammelte Werke, Band 8, § 432).
Hier macht Jung deutlich, dass alle Menschen, Objekte oder Phänomene, die uns in der Realität begegnen, ebenso wie archetypisches und kollektives Wissen, in unserem SELBST eine Verkörperung energetischer Art finden. Sie werden zu Bestandteilen unserer inneren Struktur. In diesem Sinn ist die Welt eine Widerspiegelung von uns und wir sind eine Widerspiegelung der Welt.
In dem Wissen um die hier geschilderten Wirkprinzipien und die evolutionäre Naturgesetzlichkeit der Selbstorga- nisation hat B. Joschko mit seiner Synergetik-Methode ein Instrumentarium geschaffen, dass es erlaubt, den Prozess der Reintegration auf der Ebene des SELBST, der INNENWELT zielgerichtet, effizient und nachhaltig zu durchlaufen.Dabei stellen sich erstaunliche Nebeneffekte ein wie z.B. die Auflösung von körperlichen Symptomen – ein einfacher Kopfschmerz kann ebenso wie ein Tumor im Verlauf der synergetischen Prozessarbeit verschwinden.
Um zu verstehen, warum sich bestimmte Nebeneffekte einstellen, müssen wir uns den selbstähnlichen Aufbau unseres Gesamtorganismus vergegenwärtigen. Wir wissen, dass körperliche, emotionale und geistige Ebenen des Menschen Teil des Ganzen sind, sie sind existentiell voneinander abhängig (keine kann ohne die anderen existieren) und sie wirken aufeinander ein.
Das bedeutet auch, dass sie in ständiger Kommunikation miteinander stehen, sie müssen sich sozusagen für eine gemeinsame Vorgehensweise abstimmen. Ein weiterer und für unsere Belange noch wichtigerer Aspekt ist die Tatsache, dass all diese Ebenen eine selbstähnliche Struktur aufweisen. Wenn es jetzt gelingt, unserer Informationen auf der tiefsten Ebene (und das ist die neuronale Matrix auf der wir mit den inneren Bildern arbeiten) neu zu strukturieren, wird sich eine Neustrukturierung der Information in selbstähnlicher Form auch auf körperlicher und emotionaler Ebene notwendigerweise einstellen.Da die Neustrukturierung eine höherwertige Ordnung hat, hat sie das bisher Wirkende, das Alte integriert. Wir können daher sagen, dass eine Symptomauflösung nichts weiter als den Nebeneffekt einer erfolgreich erbrachten Integrationsleistung darstellt.
Wenn diese Integration zumindest partiell gelingt (denn Integration ist eine Aufgabe, an der der Mensch Zeit seines Lebens arbeiten wird) dann gehen wir einen Schritt auf unsere Ganzheit zu. Ganz-Werden bedeutet letztlich nichts anderes als Heil-Werden. In diesem Sinne kann SELBST-Erfahrung dann auch zur SELBST-Heilung werden.
Von Bedeutung scheint hier auch zu sein, dass die synergetische Prozessarbeit sich selbstähnlich auf alle eingangs definierten Bereiche des SELBST bezieht. Durch das von B. Joschko entwickelte Instrumentarium ist es möglich, im wachen Tagesbewusstsein zu bleiben, gleichzeitig aber auf der Ebene des Unbewussten zu arbeiten. Wir können beliebig von einem Körpergefühl zu einer Emotion übergehen und diese miteinander in Verbindung setzen oder beide mit einer spirituelle Erfahrung rückkoppeln. Wir können mit dem individuellen ebenso wie mit archetypischem Material arbeiten oder in Rückkopplung an das morphogenetische Feld kollektive oder transpersonale Aspekte einfliessen lassen.
Wir können Raum und Zeit überwinden und uns in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bewegen. Das heißt, wir sind in der Lage, uns im gesamten Repertoire und Potential, das das SELBST zur Verfügung stellen kann, zu bewegen und dieses für eine Integration zu gewinnen.
Dabei wird zu jedem Zeitpunkt be-rücksichtigt, dass das SELBST, wie Jung bereits nachgewiesen hatte, eine sich selbst regulierende Einheit ist. Der synergetische Prozess ist immer ein freilaufender Prozess, der sich aus sich selbst heraus entwickelt und reguliert. Bei einem jedem Versuch, diesen Prozess von außen zu steuern, zu beeinflussen oder zu kontrollieren, ver-
weigert das SELBST die Zusammenarbeit und wird immer den von ihm selbst eingeschlagenen Weg weitergehen.
Die therapeutische Prozessbegleitung besteht darin, sich ganz auf die INNENWELT eines anderen Menschen einzulassen und sich mit ihm darin zu bewegen. Aber Richtung, Umfang und Charakter dieser Bewegung gibt immer das „System“, d.h. die Klientin selbst vor.
Die synergetische Prozessarbeit wird daher von solchen Menschen in An-spruch genommen, die Wachstum und Entwicklung und damit ein Heil-Werden suchen. Es ist Aufgabe der Synergetik, diese Menschen in ihre INNEN- WELT zu begleiten und ein Stück des Weges mit ihnen zu gehen. Medizinische oder psychologische Kenntnisse haben hier keine Gültigkeit, sie sind in der INNENWELT nicht anwendbar, da sie ihren Blick auf den Menschen von außen richten.
Um das zu verdeutlichen, greifen wir noch einmal auf ein Beispiel zurück. Wenn wir einen Berg besteigen wollen, so benötigen wir eine komplette Ausrüstung, um dieses Vorhaben erfolgreich durchzuführen. Mit dem Basishandwerkszeug für die synergetische Prozessarbeit hat B. Joschko eine solche Ausrüstung für uns zusammengestellt, die es uns nun erlaubt, uns in der INNENWELT zu bewegen.
Aufgrund der Erkenntnis über die Gesetzmäßigkeiten, die in der INNENWELT wirksam sind, hat er entwickelt, welche „Gegenstände“ für eine Reise in die INNENWELT sinnvoll und notwendig sind.Es ist schlechterdings unmöglich, die INNENWELT von außen zu erforschen oder ihr von außen zu begegnen. Dies geht immer nur von Innen heraus und dazu müssen wir wissen, wie wir uns in diesem Innen zu bewegen haben, welche Regeln und Gesetzmäßigkeiten wir zu beachten haben.Um die synergetische Prozessarbeit zu verstehen, müssen auch wir deshalb die Blickrichtung ändern, einen Perspektivwechsel vornehmen – erst dann kann sich uns das Neue erschließen.
Hierin liegt auch die Schwierigkeit, die synergetische Prozessarbeit mit den gegenwärtig gültigen Kriterien aus medizinischer oder psychologischer Sicht zu erfassen. Es ist eine Methode, die Neuland betritt und der Tribut, den sie dafür zollen muß, ist die notwendige Auseinandersetzung mit der vorherrschenden Sichtweise, die ihr Eigenes verständlicherweise wahren möchte. Wir werden daher auch an diesem Punkt den Schritt von einem entweder/oder hin zu einem sowohl/als auch, d.h. hin zu einem Zusammenwirken wagen müssen.Mit der synergetischen INNENWELTREISE leisten wir Integrationsarbeit und bewältigen damit ein Stück unseres Lebens. Die Synergetik hilft uns, diese Bewältigung effizienter zu gestalten und uns dem SELBST bewusster zu nähern. Dennoch ist die INNENWELT uns allen zunächst unbekannt und wie bei einer Bergbesteigung werden wir uns deshalb eine Bergführerin suchen, die mit den Naturgesetzen des Berges vertraut ist. Diese Aufgabe obliegt der Synergetik-Therapeutin und selbstverständlich wird sie ihre Klientin nicht auf den Berg hinauftragen, sondern diese muß zu jedem Zeitpunkt selbst klettern.. Die Klientin wird entscheiden, ob sie den direkten Steilpass nimmt oder langsam um der Berg aufwärts herumwandert. Sie wird entscheiden, ob sie die Strecke an einem Tag oder in zwei Wochen hinter sich bringen möchte. Sie wird entscheiden, wenn sie eine Pause möchte und lieber in der Sonne liegt.
Aber sie muß diesen Berg allein und selbst bewältigen, sich mit Steinen, Kanten, Abgründen und ihrer Angst auseinandersetzen, Sonst wird sie diesen Berg nicht besteigen können und einfach wieder hinuntergehen müssen. Die Klientin wird also selbst spüren und entscheiden, auf welchem Weg sie den Berg besteigt, welche Strecke sie sich zumutet und ob sie dieses Vorhaben auch erfolgreich zu Ende bringen möchte.Selbstverständlich bewegen wir uns mit diesem Vergleich in einer äußerst unzureichenden Hilfskonstruktion, die nur ansatzweise verdeutlichen kann, dass das Prinzip der Selbstregulation und der Selbstorganisation in der synergetischen Prozessarbeit das Bestimmende ist – es könnte sonst schlicht und ergreifend keinerlei Integrationseffekt eintreten, einer solcher kann einfach nicht „gemacht“ oder für bzw. gegen eine andere Person herbeigeführt werden.Die synergetische Prozessarbeit nimmt auch keine Analyse oder eine sich da-raus ergebende Synthese vor, sie folgt einzig dem Prinzip der Selbstorganisation. Sie bietet mithin die Möglichkeit einer umfassenden Hilfe zur Bewältigung aller Probleme und Konflikte, die sich in den verschiedenen Bereichen des menschlichen Daseins stellen. Sie versteht daher ihren eigenen Therapie-Begriff in seiner ursprünglichen Bedeutung als die „Begleitung zum Höchsten“ und dieses „Höchste“ kann keinen besseren Ausdruck finden als in der GANZHEIT des Menschen.
Zusammenfassend können wir sagen, eine neue Wahrnehmung führt zu einer Integration und einem Perspektivwechsel, der wiederum eine neue Wahrnehmung ermöglicht. Die Auseinander- setzung um neue Perspektiven, d.h. andere Blickrichtungen zeichnet sich gegenwärtig in vielen gesellschaftlichen Bereichen ab. So sind zum Beispiel die Fragen um Krankheit bzw. Gesundheit und eine ganzheitliche, d.h. eine gänzlichende Sicht von großer Bedeutung für jeden von uns. Vielleicht ist es gerade deshalb so schwierig, in diesem Bereich einen anderen Blick einzunehmen.
Doch das Neue kommt leise und es muß Menschen geben, die anderen vorausgehen. Wir haben für die vorliegende Ausgabe von Innenweltreisen drei Personen für ein Gespräch gewinnen können, die in ihren Betätigungsfeldern als Kapazitäten anerkannt sind.
Prof. Raimund Jakesz, Dr. med. Gotthard Behnisch und Lothar Hirneise haben den Schritt eines Perspektivwechsels bereits vollzogen. Es ist ihnen gemeinsam, dass sie eine andere, über die allgemeine Haltung hinausreichende Sicht von Erkrankung und allen damit aufgeworfenen Problemen nicht nur entwickelt haben, sondern in der Praxis auch zur Anwendung bringen. Wir hoffen, den Leserinnen und Lesern damit die Anregung zur Erfahrung einer veränderten Wahrnehmung zu geben, d.h. Fragen und Antworten aus einer anderen als der bisher gewohnten Perspektive kennenzulernen.
Die Synergetik-Therapie im Überblick
In der Entwicklung der Synergetik-Therapie wurden die Erkenntnisse und Erfahrungen aller großen Therapierichtungen und der Psychosomatik auf eine Nutzbarmachung geprüft und integriert.
Die Synergetik-Therapie integriert die neuesten Forschungsergebnisse aus naturwissenschaftlichen Disziplinen:
- Die Synergetik (Lehre vom Zusammenwirken) des Physikers und Mathematikers Prof. Hermann Haken.
- Das Wissen um den fraktalen (selbstähnlichen) Aufbau von Strukturen, der von dem Mathematiker Prof. Benoit Mandelbrot nachgewiesen wird.
- Das Wissen um das evolutionäre Naturgesetz der Selbstorganisation, aufgezeigt durch die beiden Nobelpreisträger Prof. Manfred Eigen (1967) und Prof. Ilya Prigogine (1977).
- Die Erkenntnisse der Psychoneuroimmunologie über die Verknüpfung der Psyche mit dem Immunsystem des Menschen.
- Die Erkenntnisse der Hirnforschung über die Art und Weise der menschlichen Wahrnehmung.
- Die Erkenntnisse über das morphogenetische Feld, d.h. die Wechselwirkung zwischen individueller und kollektiver Erfahrung, aufgezeigt von dem Biologen Prof. Rupert Sheldrake.
- Die Neue Medizin nach Dr. med. Hamer über den Zusammenhang zwischen psychischem Erleben, körperlicher Erkrankung und Selbstheilungskräften des Körpers.
- Die Bionik, die das Wissen um die Konstruktionen, Verfahrensweisen und die Informationsübermittlung in der Natur für die Technik nutzbar macht.
Die Synergetik-Therapie bezieht sich auf die Erkenntnisse der ganzheitlichen, integralen Sichtweise wie sie von Fritjof Capra, Jean Gebser und Ken Wilber entwickelt wurde.
Durch eine Kombination der hier genannten Faktoren und deren Übertragung und Zuschnitt auf das „System Mensch“ entwickelte der Physik-Ingenieur Bernd Joschko die Methode der Synergetik-Therapie.
Die Synergetik-Therapie arbeitet über, mit und an der Informationsstruktur im Gehirn, der sog. neuronalen Matrix. Hier sind alle Erlebnisse und Erfahrungen des Menschen gespeichert und finden sich zu Musterprägungen zusammen, die miteinander vernetzt sind und eine jeweils individuelle Struktur bilden. Diese zeigt sich in der Innenwelt, d.h. dem Unbewussten, in Form von Energiebildern, mit denen ein Klient in der therapeutischen Arbeit in Kommunikation tritt. Durch diesen Schritt der Rückkoppelung kann er Veränderungen an den Bildern und damit der gesamten Struktur vornehmen und auf diesem Weg einen Selbstorganisationsprozeß (Neuorganisation) hin zu einer höheren Ordnung auslösen.
Die Synergetik-Therapie bezieht sich auf das Gehirn als zentrale “Arbeitsebene”, da hier Gefühle, Ge-danken und körperliche Zustände ihre unmittelbare Manifestation im Sinne einer „Schaltzentrale“ des Gesamtorganismus Mensch finden. Diese steht in Rückkoppelung und ist vernetzt mit der körperlichen, der psychischen und der geistigen Ebene, die jeweils selbstähnlich zu der Struktur der neuronalen Matrix strukturiert sind.
Aufgrund der genannten Vernetzung und Rückkoppelung vollzieht sich bei einer Veränderung der Energiebildstruktur (neuronale Matrix) synchron eine Veränderung gleicher Qualität auf körperlicher, psychischer und geistiger Ebene. Dadurch wird es möglich, Zustände von Disharmonie oder Instabilität (wie z.B. eine körperliche Erkrankung) durch den in der Synergetik-Therapie zentralen Selbstorganisationsprozess nachhaltig aufzulösen und in eine höhere Ordnung (im Sinne von Harmonie und Stabilität) zu bringen.
Ein zentraler Bestandteil für die erfolgreiche Anwendung der Synergetik-Therapie ist der Wunsch, das Bedürfnis und die ernste innere Bereitschaft der Klienten, aktiv an der Veränderung der eigenen Energiebild- Struktur zu arbeiten. Er/Sie nimmt durch diesen Schritt die Verantwortung für den synergetischen Prozess in vollem Umfang zu sich, den ausschließlich er/sie allein bestimmen und lenken kann. Die/der Therapeut/in übernimmt eine rein begleitende Funktion, um den/die Klient/in in der Begegnung mit Bildern, Körpersensationen und Gefühlen zu unterstützen. Die therapeutische Begleitung wertet nicht, kommentiert nicht, berät nicht und interpretiert nicht.
Die Synergetik-Therapie ist gegenwärtig die einzige Methode, die aufgrund der hier genannten Faktoren dem Klienten eine echte und nachhaltige Hintergrundauflösung von Krankheiten, Konflikten und Problemen auf der tiefsten, alle Ebenen des „System Mensch“ betreffenden Schicht ermöglicht.
Ein Selbstorganisationsprozess kann immer nur innerhalb eines Systems und nur durch dieses selbst ausgelöst werden. Bezogen auf den Menschen ist daher von einer echten Selbstheilung zu sprechen.