Innenweltreisen

Interview mit Dr. Gotthard Behnisch

Picture of Dr. med. Gotthard Behnisch

Dr. med. Gotthard Behnisch

Dr. med. Gotthard Behnisch studierte von 1957 bis 1964 in Marburg, München und Hamburg Humanmedizin. Nach dem Staatsexamen und der Medizinalassistentenzeit setzte er sein Studium am Tropeninstitut in Hamburg fort. Dort machte er auch die Bekanntschaft von Kolleg/innen aus Indien, die ihn an das Konzept der Homöopathie Hahnemanns erinnerten. Heute ist Dr. Behnisch Leiter des über zwanzigjährigen August-Weihe-Instituts, in dem Ärztinnen und Ärzte eine dreijährige Ausbildung zur praktischen Homöopathie absolvieren können. In seiner eigenen Praxis arbeitet er seit geraumer Zeit mit Bettina Kimpfbeck (Synergetik-Profilerin und Ausbilderin am Synergetik-Therapie-Institut) zusammen und hat vor kurzer Zeit selbst seine Ausbildung zum Synergetik-Therapeuten abgeschlossen.
Gemeinsam mit seiner Ehefrau Brigitte Behnisch hat er 6 Kinder (3 Töchter und 3 Söhne). Seine älteste Tochter hat gerade das Studium der Veterinärmedizin abgeschlossen, eine weitere Tochter sowie einer seiner Söhne studieren Humanmedizin, während das jüngste Familienmitglied gerade die 6. Schulklasse absolviert. Die Tatsache, dass er seine enorme berufliche Leistung mit der Fürsorge für die Familie verbinden konnte und kann, verdankt er seinen eigenen Worten zufolge dem unermüdlichen Einsatz und der Unterstützung seiner Ehefrau.

„Krankheit ist die Reaktion der Lebenskraft, um Gesundheit wieder herzustellen“

Universitätsmedizin, Homöopathie und Synergetik-Therapie – eine gegenseitige Akzeptanz und Kooperation der verschiedenen Disziplinen scheint gegenwärtig noch Zukunftsmusik zu sein. Dennoch gibt es sie – nicht nur als theoretische Reflektion über unterschiedliche Wirkungsweisen und Anwendungsgebiete, sondern in der außergewöhnlichen Kombination der Methoden in eigener Praxis und Erfahrung. Dr. Behnisch hat diesen Weg durch die verschiedenen Bereiche beschritten und die jahrzehntelange Auseinandersetzung ohne Berührungsangst vor neuen Ansätzen kennzeichnet vielleicht am klarsten sein tiefgreifendes Ringen um „eine umfassende Methodologie des Heilens“.

Was hat Sie als Schulmediziner damals bewogen, sich der Homöopathie zuzuwenden?

Dr. Schilsky, der damalige „Nestor der Homöopathie“, wie das Hamburger Abendblatt ihn nannte, wurde 75 Jahre alt und ich bin bei nächster Gelegenheit zu ihm gegangen. Er hat mich auf das „Organon der Heilkunst“ von Samuel Hahnemann aufmerksam gemacht. Und in diesem Buch habe ich kennengelernt, was ich im ganzen Medizinstudium vergeblich gesucht hatte: eine umfassende Methodologie des Heilens.

Die Homöopathie hat eine grundsätzlich andere Auffassung von Krankheit und Gesundheit als die Universitätsmedizin, oder wie ich sage, die mechanische oder mechanistische Medizin, die ihre großen Erfolge in den letzten 50 Jahren gefeiert hat. Allerdings mit dem Ergebnis, dass immer mehr Menschen immer schwerer krank werden und die Versuche, diesen Menschen zu helfen, immer mehr Geld kosten. Was natürlich auch daran liegt, dass die Verwaltung riesige Summen verschlingt, die pharmazeutische Industrie die Verdienste nicht dafür investiert, die Medikamente billiger zu machen und das gesamte Gesundheitssystem durch Unterdrückung der Krankheitssymptome nie zu einer umfassenden Heilung findet. Was an der mechanistischen Medizin heute sehr gut ist, das ist die Weiterentwicklung der Chirurgie in kleine, fein ausgefeilte Schritte und die Substitutionstherapie im weitesten Sinne. Darüberhinaus ist die mecha-nistische Medizin aber häufig nicht in der Lage, sowohl akute als auch chronische Krankheiten heilen zu können.

Die Methode der Homöopathie besteht nun in folgendem Verständnis: Was wir Krankheit nennen, stellt den Versuch der Lebenskraft dar, den aus dem Gleichgewicht geratenen Organismus wieder herzustellen. Nur ist der Organismus nicht immer in der Lage, von selbst, d.h. durch die eigenen Abwehrkräfte wieder gesund zu werden oder überhaupt zu verhindern, dass er Krankheitszeichen und –symptome zeigt. Wenn wir in einem gesunden Umfeld gesund leben, dann haben wir eine Menge Abwehrmechanismen, ein ganzes Abwehrsystem, das in der Lage ist, uns vor der Erkrankung zu bewahren, denn es sind nicht die Bakterien oder Viren, die Prionen oder sonstige Kleinstlebewesen, die uns krank machen, sondern erst weil unsere Abwehr geschwächt ist, können diese äußeren Einflüsse uns krank machen. Zur Schwächung des Abwehrsystems tragen natürlich viele Faktoren bei, die ich jetzt nicht aufzählen will und wir haben auch in der Universitätsmedizin immer besser gelernt, diese Faktoren zu unterscheiden und schätzen zu lernen.

In der Homöopathie ist es aber so, dass wir uns mit der Art und Weise, wie der Organismus in seiner Abwehr reagiert, indem er Krankheitssymptome wie z.B. Schmerzen oder Fieber oder auch ganz spezifische Symptome für besondere Krankheiten ausgezeichnet entwickelt, dass wir diese Krankheitszeichen und Symptome bewerten als die Reaktion der Lebenskraft, Gesundheit wieder herzustellen. Wir sind also bestrebt, diese Bewegung hin zur Gesundheit, die wir allgemein Krankheit nennen, zu unterstützen anstatt zu unterdrücken.
Um es mit einem Beispiel zu sagen: Wenn sie Sisyphos beobachten, wie er den Stein den Hügel hinaufwälzt und nicht in der Lage ist, ihn über die Bergkuppe hinwegzuwälzen, um Gesundheit wieder zu ermöglichen – so sind wir bestrebt, die Kraft des Sisyphos zu unterstützen und zu bestärken, damit er dieses Werk schafft.

Die Universitätsmedizin versucht, den Stein, wenn er wieder runtergerollt ist, möglichst unsichtbar werden zu lassen. Das ist aber keine wirkliche Heilung oder echte Herstellung der Gesundheit. Wie ist es nun aber möglich, Sisyphos in seiner Arbeit spezifisch zu unterstützen? Dies erreichen wir nicht mit Medikamenten, die in Tierversuchen entwickelt oder die in der chemischen Retorte an Bakterien oder unter anderen Bedingungen getestet werden. Unsere Medikamente nutzen das in der Schöpfung umfassendste Testsystem, das uns zur Verfügung steht: nämlich den Mensch selbst.
Die Medikamente, die aus der Natur kommen – sowohl Pflanzen oder auch Mineralien, die Elemente oder tierische Produkte und eine Reihe von Nosoden (spezifische Krankheitsstoffe) – all diese Substanzen werden in sog. Arzneimittelversuchen am gesunden Menschen getestet. Der Mensch nimmt diese Substanzen in kleinster Dosis ein und beobachtet an sich, was für Krankheitszeichen diese definierte Substanz bei ihm auslöst. Das, was er beobachtet, nennen wir die Arzneimittelprüfungssymptome, die sorgfältig aufgezeichnet und an möglichst vielen Probanden bestätigt oder erweitert werden. Es ist eine sehr umfassende feintoxikologische Arbeit, die schon Hahnemann mit seinen Schülern begonnen hat. Wir kennen aus den Prüfungen Hahnemanns selbst über 70 Arzneistoffe und die Palette hat sich in den letzten 200 Jahren natürlich enorm erweitert, so dass der Homöopathie heute über 1000 Arzneien zur Verfügung stehen, die schon recht gut untersucht sind, weitere 1000, die nur mit wenigen Symptomen bekannt sind. D.h. in der Homöopathie gibt es einen riesigen Forschungsbedarf in dieser Methodik der Definition der Arzneikräfte, eine zutiefst wissenschaftliche Arbeit, die die Basis der Verordnung darstellt. Dies ist auch der Grund, warum wir nicht mit großen Nebenwirkungen zu kämpfen haben, weil die Gesamtwirkung am Patienten sorgfältig ausgetestet ist. An den Symptomen der wirklichen Krankheit erkennen wir dann durch Vergleich mit den erprüften Arzneitmittelsyptomen, was der Sisyphos im spezifischen Fall braucht.

Wir wählen also das Mittel aus, das eine ganz ähnliche Kunstkrankheit am Gesunden auszulösen vermag. Und auf diese Weise bekommt Sisyphos zusätzliche spezifische Kraft und ist in der Lage, den Stein über den Hügel zu wälzen, den Gipfel zu bezwingen: Gesundheit tritt ein.
Hahnemann sagt in §3 des „Organon“ sämtlicher Ausgaben: Wenn die Er- kenntnis des Kranken, seines spezifischen Krankseins verbunden wird mit der Kenntnis der Arznei, die in der Lage ist, eine solche Krankheit künstlich hervorzurufen und wir diese in der richtigen Gabengröße und Häufigkeit verab- reichen, dann muss Genesung eintreten.

Das hat Hahnemann schon zu Lebzeiten gemeinsam mit vielen homöopathischen Ärzten seiner Zeit bewiesen. Im Jahr 1796 hat er in Hufelands Journal (Hufeland war einer der großen Internisten in Berlin, der ein allgemeines medizinisches Journal veröffentlichte) die Homöopathie dargestellt. Der medizinischen Welt seiner Zeit war die Homöopathie bekannt und hatte – vor allem bei der Behandlung akuter Krankheiten – damals riesige Erfolge. Die Cholerakranken der Choleraepidemie 1830/31 wurden erfolgreich homöopathisch behandelt und das hat ihren Ruf damals enorm beflügelt.
Wenn es sich um einfache körperliche Krankheiten handelte, war Hahnemann auch bei der Behandlung von chronischen Krankheiten sehr erfolgreich. Bei komplexen chronischen Krankheiten hatte er allerdings bis ins Jahr 1828 ein Problem. Bis zu diesem Zeitpunkt hat er die gesamte Homöopathie nochmals revidiert und hat in jahrelanger Forschung die Psoralehre, d.h. die Behandlung tiefgreifend chronisch Kranker auf eine neue Basis gestellt.

In Verbindung mit der Homöopathie taucht aber immer wieder die Frage nach der Wirksamkeit auf, da in den Mitteln keine stofflichen Substanzen und damit auch keine Wirkung mehr nachweisbar sei.

Das ist seit 150 Jahren ein Vorurteil der etablierten Medizin. Aus diesem Grund wurden im Jahr 1836 die sog. D-Potenzen entwickelt, das sind Verdünnungen 1 zu 10, während Hahnemann nur mit C-Potenzen 1 zu 100 oder Q-Potenzen 1 zu 50000 gearbeitet hat. Inzwischen wissen wir durch die Forschungen von Benveniste und anderen, dass das Wasser ein Gedächtnis hat. Das Wasser als Dipol liegt nicht nur als Molekül vor, sondern es bildet Cluster, das sind Zusammenballungen von 400 bis 700 Molekülen. Dadurch wird das Wasser meiner Ansicht nach überhaupt erst flüssig. Denn H2O müsste gasförmig sein, wenn es nicht in einer in sich gebundenen Form vorliegen würde (ungebundene H2O-Moleküle begegnen uns zum Beispiel im Wasserdampf). Die Clusterbildung bietet die phantastische Möglichkeit, dass wir dem Wasser nun Informationen spezifischer Art aufprägen können wie einem Magnettonband. Und wenn sie ein Magnetband mit einer Botschaft besprechen, dann kann jeder, der das Magnetband abhört, diese Information wahrnehmen ohne dass der Sprecher selbst da ist. D.h. wir haben über das Magnettonband z.B. die Möglichkeit, Information eindeutig zu übertragen. Das gleiche ist mit flüssigem Wasser möglich.

Also das Wasser ist in der Lage, oder besser mit Wasser war Hahnemann in der Lage, die Arzneien zu potenzieren wie er das nennt. D.h. dass durch Verreiben mit Milchzucker oder durch Verschütteln mit Wasser ist Hahnemann in der Lage gewesen, über eindeutig definierte Schritte der Verdünnung und Verschüttelung – immer in dieser Kombination – Verdünnungsverschüttelungen herzustellen, die weit über die Lohschmittsche Zahl hinausging. Lohschmitt hatte herausgefunden, dass ein Mol bei jedem Stoff eine bestimmte Anzahl von Molekülen hat. Wenn wir nun Verdünnungsschritte machen, die über diese Anzahl von Molekülen hinausgeht – diese Grenze ist bei C 12 oder D 24 erreicht – dann sind wir einem Bereich, wo theoretisch kein Molekül mehr in der Lösung, der Verschüttelung vorhanden sein kann. Das war der Grund, warum viele Mechanisten meinten, dann könne auch keine Wirkung mehr vorhanden sein. Dass kein Molekül mehr drin ist, das kann man heute nachweisen. Wenn sie hohe Potenzen von C 30, C 200 und darüber hinaus herstellen, sind das so enorme Potenzierungsschritte, dass kein einziges Molekül mehr erwartet werden kann.

Aufgrund der Anordnung der Moleküle im Cluster (dem sog. Wassergedächtnis) können durch das Potenzieren oder Dynamisieren oder Verschütteln spezifische Informationen aufgeprägt werden. Hahnemann meint, dass sich hier die spezifische Kraft der Arznei entfaltet, deshalb hat er diesen Vorgang Dynamisieren oder Potenzieren genannt. Eine solche Potenz beinhaltet nicht mehr die einzelnen Moleküle der Substanz, sondern wir behandeln mit reiner Information. Wenn wir dieses Wasser über 50 Grad erhitzen oder über ein Magnetfeld schicken, dann wird diese Information gelöscht. D.h. wir müssen mit den potenzierten Substanzen sorgfältig umgehen. Wenn wir das aber gewährleisten, dann können wir über viele Jahrzehnte hinweg diese Potenz effektiv beim Patienten einsetzen. Vorausgesetzt natürlich , dass dieses Mittel auch homöopathisch ist, sonst hat es gar keine Wirkung.
Es ist wichtig, dass die Leser verstehen, dass wir homöopathische Mittel nicht in der Apotheke kaufen können. Sondern wir können nur potenzierte Arzneien kaufen, die natürlich eindeutig definiert sein müssen durch ihren Herstellungsprozeß.

Homöopathisch wird die potenzierte Arznei aber nur durch die Verordnung. Wenn die Verordnung homöopathisch ist, d.h. der Methodik genügt, dann wird es zum homöopathischen Mittel für den Patienten. Wenn das nicht der Fall ist, dann sagt Hahnemann haben wir eine Misswahl getroffen. Das ist also nicht die Wahl des schönsten Mädchens, sondern das ist die Wahl des falschen Mittels. D.h. die potenzierte Arznei ist nicht homöopathisch und kann dann natürlich auch nicht homöopathisch, nämlich heilend, wirksam sein.

Welche Rolle spielt das Unbewusste des Patienten in der homöopathischen Behandlung und wie gestalten Sie die Verbindung zur Synergetik-Therapie?

Das Prinzip der Homöopathie „Ähnliches durch Ähnliches heilen“ ist ein Grundgesetz der Natur und gilt für jedes homöopathische Handeln. Aber in welcher Weise zum Beispiel die spezifische chronische Belastung des Kranken von seiner Familienanamnese, d.h von Ereignissen, die zum Teil schon weit zurückliegen und das gesamte Abwehrsystem und die Reaktionsmöglichkeiten des Organismus beeinflussen, blockieren und modifizieren, hat Hahnemann in seiner Myasmenlehre niedergelegt.

Ich bin sehr dankbar, dass es heute wieder mehr homöopathische Ärzte gibt, die auch den alten, den reifen und weisen Hahnemann studieren und dadurch wieder zurückfinden zu den Erfolgen, die Hahnemann und seine Schüler zu Lebzeiten gehabt haben.
Heute gibt es sehr viele Menschen, die nicht nur körperlich krank, sondern deren Krankheiten psychisch betont oder durch psychische Erlebnisse ausgelöst worden sind. Ja, es gibt sogar Patienten, wo die Schockerlebnisse schon bei den Eltern oder Großeltern geschehen sind und eine spezifische Belastung des Patienten begründen. Gerade die mechanistische Medizin tappt diesen kranken Menschen gegen- über weitgehend im Dunklen, da sie nur beschwichtigen oder Schmerzen mildern, die eigentliche Krankheit aber überhaupt nicht behandeln kann.
Wir haben natürlich seit Freud und C.G. Jung eine enorme Entwicklung der Psychotherapie zu verzeichnen und heute ist die Psychotherapie in ihren verschiedenen Schulen durchaus anerkannt als eine Hilfe für die Universitätsmedizin. Wir kennen die psychosomatische Medizin, die ganz klare Grundsätze, wie der Zusammenhang zwischen somatischer, also leiblicher Krankheit und psychischer Krankheit geschieht und die Gesetzmäßigkeit, wie sie entstehen und wie sie zu behandeln sind, gefunden hat. Das ist eine sehr großartige und wichtige Entwicklung in der modernen Medizin, in der modernen Psychologie und Psychotherapie.

Wenn wir in der Homöopathie bei chronisch Kranken das genau passende Mittel finden, dann können wir eine sehr tiefgreifende und umfassende, die Gesamtheit des Organismus betreffende Wirkung erzielen. Es gibt aber Fälle, die sehr kompliziert liegen, bei denen eine Blockade des gesamten Abwehrsystems vorliegt, z.B. durch Schockerlebnisse in der frühen Kindheit oder auch im späteren Leben. Das können körperliche Schocks aber auch seelische Erschütterungen sein, die das System weitgehend blockieren und wir kennen diese Ereignisse nicht, denn sie sind ins Unterbewusste des Patienten abgesunken und nicht so ohne weiteres ans Tageslicht zu befördern – auch nicht in einer sorgfältigen Anamnese. Wir ha- ben auch Patienten, die verstrickt sind in schwere psychologische Probleme, die wiederum auch ein, zwei Generationen zurückliegen können und hier ist besonders die Myasmenlehre Hahnemanns wichtig, damit wir verstehen können, wo die Ursachen solcher Verstrickungen liegen.
Die Rekonstruktion kann sich als sehr kompliziert herausstellen und da gibt es nun heute eine sehr umfassend wirksame Methodik, die uns hilft, durch sorgfältige Analyse solcher Patienten – die sie (mit entsprechender fachlicher Hilfe, fachlichem Beistand) bei sich selbst durchführen können – sogar die Wurzeln aufzudecken, die ursächlichen Faktoren ihres Krankseins zu verändern, zu entschärfen, ja zu kippen wie Prof. Haken sagen würde. Diese Methode heißt Synergetik-Therapie.
Ich würde nicht sagen, dass wir ausschließlich nur diese Methode brauchen, wir können z.B. auch mit der Familienaufstellung manche Zusammenhänge erklären.

Aber die Synergetik-Therapie ist ein sehr umfassendes Verfahren und hat den besonderen Vorteil, dass es die Kräfte, die ich vorher bei Sisyphos erläutert habe, nämlich die Versuche des Organismus, selbst wieder ins Gleichgewicht, in diesen Prozeß der Gesundheit hineinzuschwingen, diese Selbstheilungskräfte besonders an- spricht. D.h. der Patient wird angeregt, diese Kräfte zunächst in sich wahrzunehmen und in sich selbst die verschiedenen Bilder zu sehen und zu erkennen. Das ist interessanter als der beste Fernsehfilm, nämlich das Sehen ins eigene Innere, in die reiche Bilderwelt des in uns Schlummernden. Auf diese Weise lernt der Einzelne sich selbst kennen und stellt Zusammenhänge fest, die ihm bis dahin ganz verborgen geblieben waren.
Eine solche Hilfe durch die Teilnahme an diesem Prozess, durch die Aufzeichnung einer solchen Innenweltreise gibt uns auch noch die Möglichkeit herauszufinden, welche Arznei in solch einem Falle notwendig gewesen wäre, um z.B. die Großmutter zu behandeln. Diese Arznei – wenn die Auswirkungen der Probleme der Großmutter bis zum Enkel hin z.B. prägend in seinem Empfinden und Verhalten gewesen sind – das gleiche Mittel, was der Großmutter damals geholfen hätte jetzt angezeigt ist, um ihn aus dieser Verstrickung zu befreien. Es ist also eine wunderbare Möglichkeit der Zusammenarbeit, die gerade erst begonnen hat. Es gibt schon einige homöopathische Ärztinnen und Ärzte, die z.B. Bert Hellingers Familienstellung gelernt haben und beherrschen, es gibt aber nur ganz wenige homöopathische Ärztinnen und vielleicht Heilpraktiker und Ärzte, die sich mit der Synergetik-Therapie im einzelnen beschäftigt haben.

Warum wird die Synergetik-Therapie von anderen Disziplinen bislang noch so wenig beachtet?

Das liegt natürlich auf der einen Seite daran, dass diese Methodik noch sehr jung ist und sich gerade erst innerhalb der psychotherapeutischen Szene positioniert. Dabei ist immer wieder zu betonen, dass es ein Unterschied ist, ob ich ein ausgebildeter Psychotherapeut bin oder sozusagen ein Geburtshelfer zum selbständigen Erfassen und Begreifen des eigenen Unbewussten. D.h. auch das Berufsbild eines Synergetik-Therapeuten beginnt gerade erst Konturen anzunehmen und es gibt natürlich Auseinandersetzungen mit einer Verwaltung, die gar nicht darauf vorbereitet ist, schon wieder etwas ganz Neues beurteilen zu müssen, ohne es zu kennen. Wir stehen also hier am Beginn einer ganz umfassenden neuen Hilfe zur Selbsthilfe und damit einer Möglichkeit, auch der homöopathischen Behandlung neue Impulse zu geben.

Die homöopathische Therapie ist eine schwierige Therapie, weil sie die Kenntnis vieler Prüfungen von Arzneimitteln voraussetzt, um die entsprechende Arznei anhand der Symptomatik aufzufinden in den umfangreichen Nachschlagwerken (Hahnemann hat z.B. die reine Arzneimittellehre mit 6 Bänden und die chronischen Krankheiten mit 4 Arzneibänden herausgegeben und das war ja nur der Anfang, inzwischen ist viel dazugekommen) zu ermitteln. Die Methodik der Homöopathie ist einfach, die kann sogar jeder Laie verstehen und Hahnemann bestand darauf, dass diejenigen, die zu ihm zur Behandlung kamen, das Organon vorher gelesen hatten.

Doch wenn die Ausführung auch so einfach wäre, würde heute jeder therapeutische Arzt, also ein Arzt, der in der Behandlung von Kranken tätig ist, sich dieser Methodik bedienen – weil sie so erfolgreich ist. Die eigentliche Schwierigkeit besteht aber eben in der klaren Differentialdiagnose der verschiedenen infrage kommenden Arzneien und dieser Prozess erfordert Zeit, was besonders heute die allgemein praktizierenden Ärzte nicht haben. Das ist eines der Hauptprobleme, denn die Ärzte haben zum einen nicht Zeit, sich das anzueignen, das umfassende Wissen und dann haben sie nicht die Zeit, den Patienten entsprechend erkennen und kennen zu lernen, um das Arzneimittel mit Sicherheit verordnen zu können.

Also wenn wir diese Schwierigkeit nicht hätten, dann wäre es möglich, auch jedem Patienten sein umfassendes homöopathisches Mittel bei chronischen Krankheiten zu verordnen und dann würde natürlich auch sein Unbewusstes mitbehandelt werden und Gesundheit ist dann notwendig die Folge. So haben wir bei dem ein oder anderen Patienten immer wieder erlebt, dass er zu uns kommt und sagt: „Ich bin wie neugeboren. Ich habe ein neues Leben begonnen“.
Und wenn uns das gelingt, dann haben wir natürlich keine Zusatztherapie notwendig und da uns das aber eben nicht häufig gelingt, ist gerade bei der Behandlung schwerer chronischer Krankheiten die Verbindung mit der Synergetik-Therapie eine sehr interessante Möglichkeit. Nach meinem Dafürhalten ist bei schweren chronischen Krankheiten doch häufiger auch eine längere Behandlung mit vielen Sitzungen notwendig. Es ist aber erfreulich, dass wir beobachten können, dass von einer Sitzung zur anderen ein echter Fortschritt in dem „Zu-Sich-Selbst-Finden“ möglich und zu beobachten ist und dass der Patient dadurch ein ganz anderes Verhältnis zu sich selbst, zu seinem Organismus bekommt und auf diese Weise aktiv an der Heilung seines Krankseins teilnehmen kann. Was uns dann wieder die homöopatische Mittelbehandlung erleichtert.

Bei akuten Krankheiten ist das nach meinem Dafürhalten nicht unbedingt notwendig, da reicht die homöopathische Therapie, die dann eine um-
fassende Gesundung ermöglicht. In schwierigen Fällen ist das eben eine zusätzliche Möglichkeit, die Besonderheit, die Eigenart des Patienten zu verstehen, verstehen zu lernen. Und das ist ja Voraussetzung für die homöopathische Mittelwahl.

Wenn uns also bei verschlossenen Patienten, die schon vielleicht über ein, zwei Generationen krank sind, eine Krankheit begegnet, die dem Patienten selbst nur in wenigen Symptomen deutlich wird, aber eine Fülle an Symptomatik im Unbewussten abgespeichert ist, dann ist es eine wunderbare Möglichkeit, wenn das in seinen eigenen Bildern von ihm zum Ausdruck gebracht werden kann. Wir können an der Art und Weise wie er das benennt oder an den Bildern selbst erkennen, was Hahnemann die Gemütsverfassung des Patienten nennt. Das ist ein ganz wesentlicher Teil der Krankheitserkenntnis und damit der Möglichkeit, die homöopathische Arznei zu erkennen und festzulegen.

Einer der zahlreichen Faktoren, auf die sich die Synergetik-Therapie bezieht, ist die Neue Medizin von Dr. med. Hamer. Wie beurteilen Sie diesen Ansatz?

Die Neue Medizin ist für mich nichts anderes als eine besondere Spielart der mechanistischen Medizin. Sie hat interessante Theorien der Erklärung, der Diagnostik. Inwieweit diese Theorien tatsächlich auch an der Erfahrung validiert sind, muß erforscht werden – eine Forschung, die vielleicht in Deutschland nicht so extensiv genutzt wird, wie das möglich wäre.

Aber für die eigentliche Therapie, für die Behandlung des Kranken bringt uns das nicht sehr weit. Es mag uns wichtige Hinweise geben, dass wir besser verstehen, was es zu bedeuten hat, wenn der Brustkrebs links und nicht rechts beginnt. D.h. also von der Lokalisation her kann sie uns einige Aufschlüsse bringen. Aber für die eigentliche Behandlung des Patienten bringt meines Erachtens die Neue Medizin nicht so eine umfassende Änderung als sie von der Universitätsmedizin gelehrt oder praktiziert wird.

Was sind ihr Wünsche angesichts der Gesamtsituation von Krankheit und Gesundheit und der gegenwärtigen Krise des medizinischen Systems für die Zukunft?

Einer der Wünsche, die ich habe, ist, dass die mechanistische Medizin sich in den Abteilungen, die ich eingangs schon genannt habe, weiterentwickelt. D.h. in den Bereichen, in denen sie meiner Ansicht nach unverzichtbar ist – so auch in der Intensivmedizin (obwohl hier eine gemeinsame Behandlung mit der Homöopathie durchaus erfolgreich wäre). Prof. Edgar Kaucher, ein Physiker und Mathematiker, hat schon vor 10 Jahren umfassend darauf hingewiesen, dass 60% der Kranken heutzutage mit der mechanistischen Medizin nicht angemessen behandelt werden. D.h. wir müssen die Informationsmedizin weiter entwickeln, wir müssen vor allem auch über die Universitäten die Homöopathie lehren und verbreiten. Wir müssen die Ärzte anweisen und ihnen Möglichkeiten aufzeigen, die moderne Homöopathie zu lernen. Es ist also eine umfassende Aufklärung vonnöten. Hier schließe ich mich Herrn Prof. Kaucher voll an, indem ich sage, es muß ein Umdenken in der Medizin stattfinden!

Und das Zweite ist, wir müssen in unseren Ausbildungsanstalten endlich die Homöopathie als echte Alternative zur gängigen Universitätsmedizin einführen, wie das heute meines Wissens nur in Bombay, Indien der Fall ist.
Es ist nicht einfach, sich den Wissensschatz der homöopathischen Pharmazie anzueignen. Aber wir müssen bei den jungen Ärzten eine Sensibilität und eine Motivation dafür schaffen, dass sie sich dieses Wissen aneignen – was natürlich von der pharmazeutischen Industrie gar nicht gern gesehen wird. Letztere ist leider – obwohl sie heute in Indien auch therapeutische Forschung in großem Stile betreibt, der Homöopathie gegenüber absolut nicht aufgeschlossen, weil sie den gegensätzlichen Ansatz, den ich geschildert habe, nicht nur nicht versteht, sondern aggressiv negiert.

Deshalb haben wir ja so viel Antimittel in unserer allopathischen Pharmakopoe, d.h. Mittel, die gegen etwas verordnet werden: Mittel gegen den Blutdruck, Mittel gegen den Schmerz oder auch Mittel wie die Antibiotika gegen bestimmte Kleinstlebewesen. Das ist ein Ansatz, der an der Gesundwerdung eines Patienten oft weit vorbei zielt. Und wenn ein Arzt erst mal erlebt, dass er eine Mandelentzündung oder eine Pneumonie oder welche Entzündung auch immer ohne ein Antibiotika behandeln kann, dann ist er natürlich völlig verblüfft. Dieses Wissen ist in den letzten 50 Jahren völlig abhanden gekommen durch die Ersterfolge der Sulfonamide und Antibiotika.

Das August-Weihe-Institut für homöopathische Medizin in Detmold ist seit 1982 vor allem als Lehrinstitut tätig gewesen, obwohl unsere Satzung die Forschung besonders berücksichtigt. Nur habe ich bald gemerkt – für die Forschung braucht man Geld. Und junge Mediziner sind, solange sie ihre Doktorarbeit schreiben, nicht in der Lage, ohne eine finanzielle Unterstützung auszukommen. Auch die Arzneiversuche brauchen Fachleute, die diese begleitend auswerten. Und deshalb geht leider nichts in der homöopathisch-medizinischen Forschung ohne Geld. Ich hoffe sehr, dass ich in wenigen Monaten das nötige Geld für die von mir gegründete „Stiftung für homöopathisch-medizinische Forschungsarbeit“ bekomme und wir dann auch in der Lage sein werden, solche Projekte aktiv zu fördern.

Ich habe darüber hinaus noch das andere Projekt eines homöopathischen Krankenhauses mit Ambulatorium und Intensivstation und wir hoffen, dass wir im Jahre 2005 dann auch so weit sind, an diesem Institut arbeiten zu können. Dafür suche ich natürlich entsprechend ausgebildete Ärztinnen und Ärzte und auch Pflegepersonal, das geübt ist, die Liebe zu den Patienten, die spezielle Zuneigung zu jedem einzelnen Kranken leben zu können. Und ich werde noch viel Arbeit darauf verwenden müssen, um solche Menschen zu finden.

Anmerkung:
Das Homöopatisch- Medizinische Zentrum wird zur Zeit in Lage/ Hörste gegründet.

Nach oben scrollen